In der zehnten Klasse steht man vor einer Grundsatzentscheidung: Möchte ich nach Ende des Schuljahres zwei weitere Jahre des Lernens anhängen, um dann mein Abiturzeugnis in der Hand zu halten, oder schlage ich mit dem Mittleren Schulabschluss einen anderen Weg in mein zukünftiges Leben ein? Für viele dürfte die Vorstellung von einer stressigen Abiturzeit bei ihrer Wahlentscheidung nicht unerheblich sein. Doch kann man wirklich von einem permanenten Dauerstress sprechen oder handelt es sich um einen kurzen und stressigen Endspurt, wenn es auf die Abschlussprüfungen zugeht?
Klarstellung
Zunächst einmal nimmt jede*r die zwei Jahre der Abiturvorbereitung unterschiedlich wahr und Schüler*innen können mit Stress auf verschiedene Weise umgehen. Deswegen lässt sich die Beantwortung der Frage schwer verallgemeinern und enthält zwangsläufig meine eigene persönliche Sichtweise. Doch das ist bei diesem Thema – denke ich – wünschenswert.
Bei der Wahl der Unterrichtsfächer für die Oberstufe, das ist das Erfreuliche, kann man nach seinen persönlichen Präferenzen wählen. Durch diese Freiheit entscheidet sich jede*r für Fächer, die einem liegen und somit auch weniger Stress bereiten. Hinzu kommt, dass die Fächer bloß 32 Wochenstunden à 45 Minuten ergeben müssen – weniger als in der Mittelstufe.
Zudem sieht der Stundenplan Pausen durch Freistunden und späteren Unterrichtsbeginn vor. Dies variiert bei jedem: Bei mir beginnt der Unterricht montags erst zur dritten Stunde und donnerstags habe ich vier Freistunden. Dies kompensiert dann auch die Mittagspausen, die in der Oberstufe wegfallen. Wie man diese Zeit nutzt, ist einem selbst überlassen – zum Lernen, zum Nachhausefahren und um etwas zu essen, zum Zeittotschlagen … All das schlägt sich wiederum auf das persönliche Stressempfinden nieder.
Klausurenphase
Allerdings kennt ihr die stressige Klausurenphase bereits aus eurer Schullaufbahn, insbesondere im November und der Vorweihnachtszeit, wenn man nahezu konstant zwei Klausuren pro Woche schreibt. Die gibt es auch bei uns. Hinzu kommt nur, dass man sich selbst mehr unter Druck setzt im Wissen, dass das, was man als Note bekommt, auch in das Abiturzeugnis einfließt. Denn jede Note der elften und zwölften Klasse geht im Prinzip ins Abitur ein – es sei denn, man streicht das Fach, aber das ist eine andere Geschichte.
Insbesondere bedingt durch Corona, da vor allem jetzt auch einige Lehrer*innen in Quarantäne und Isolation mussten, wird von Klausurersatzleistungen gerne Gebrauch gemacht. Eigentlich können und sollen diese die Klausurenphase etwas entzerren, da man mehrere Wochen Zeit bekommt, doch werden solche Projekte von Schüler*innnen bei vielen auf den letzten Drücker eingereicht und sorgen dann in den Tagen und Nächten davor für Stress, wenn mitunter die Technik mal wieder nicht funktioniert.
Abiprüfungen
Zu guter Letzt fehlt eine, eigentlich gar DIE entscheidende Phase der Oberstufenzeit: Die Wochen vor den Abschlussprüfungen. Die Vorbereitungen darauf nehmen gerade an Fahrt auf, schließlich stehen meine erst Ende April an. Nach einigem Hin und Her wurden die Prüfungstermine verlegt, sodass ich meine drei Prüfungen nicht direkt an drei Tagen hintereinander schreiben muss – das nimmt dann den Wind ein wenig aus den Segeln. Der Antrag der „Schüler:innenkammer Hamburg“, in der ich Mitglied bin, und Petitionen mit knapp 1200 Teilnehmer*innen wurden erhört, denn zunächst sollten die Prüfungen in den Fächern Deutsch, Englisch und PGW von MIttwoch bis Freitag geschrieben werden. Nun wurde im Rahmen der von der „Schüler:innenkammer Hamburg“ gewünschten Erleichterungen für das Abitur die Prüfung im Fach PGW auf den 2. Mai verlegt.
Einen Einblick in die Zeit der Abiturprüfungen gewährt Mascha in ihrer Kolumne „Abitur, volle Kraft voraus!“, die ihr Abitur unter ähnlichen Umständen (Corona nahm 2020 seinen Lauf und verfolgt uns jetzt zwei Jahre später leider immer noch) ablegte.
Das Schöne überwiegt
Für mich ist der Abistress weder Dauerzustand noch Endspurt. Der Stress in der Oberstufenzeit verläuft ähnlich dem Graphen einer Sinusfunktion – es gibt die Klausurenphasen, in denen man viel Vorbereitung leisten muss, aber auch immer wieder nette Unterrichtsstunden ohne Druck, insbesondere in meinem Profil.
Es bleibt mir zu erwähnen, dass die Zeit der Oberstufe auch eine ganz schöne ist – ohne Corona wohl noch einmal viel schöner –, denn man ist mit seinem Jahrgang anders verbunden, zu Lehrer*innen bietet sich ein „neuer“ Umgang und die unsere Reise nach Berlin (geplant war Malta und wie gesagt, ohne Corona wären es mehr) ist das i-Tüpfelchen ebendieses Schulabschnitts.
Fußnote
Mit Beginn der Oberstufe werden Klassenarbeiten Klausuren genannt. Tests bleiben Tests und Lernkontrollen Lernkontrollen, wenn eure Lehrer*innen diesen Ausdruck bevorzugen.